Octave Mirbeau
628-E8
- Kategorie
- Allgemeine Literatur
Begründung der Jury
Ein grau wirkender Papierklotz liegt auf dem Tisch. Ein Griff nach dem Kartonumschlag – und schon ist man magnetisiert. Unmittelbar ab der U2 verrätselt eine Folge von doppelseitigen Schwarzweißfotografien, Nah- und Detailaufnahmen altertümlichen technischen Gerätes, den Buchtitel »628-E8« – als wenn dieser nicht schon kryptisch genug wäre. Aber gleichzeitig wird die Fährte gelegt: Es handelt sich um das Tagebuch einer Reise, die Octave Mirbeau mit seinem Automobil (Kennzeichen 628-E8) im Jahre 1902 unternahm. Ein extravagantes Unternehmen. Man stelle sich die Beschaffenheit der Straßen vor. Aber sofort möchte man ins Vehikel steigen, zumindest in die Lektüre einsteigen. Alles nimmt Fahrt auf. Toll ist gleich die erste Berührung des Rückens, wenn man die Fadenheftung durch die Broschur hindurch spürt. Dadurch lässt sich das dicke Buch wunderbar aufschlagen. Die Schrift ist mit Bedacht gewählt, sie hat etwas Journalartiges und passt wunderbar zur (19.) Jahrhundertwende. Mit der Einfassung des Anmerkungsapparates in weitere Folgen von Fotodoppelseiten – zusammen mit Umschlag und dem Bucheinstieg – ist man für die Beschäftigung mit dem beträchtlichen Textumfang bildlich ausreichend geimpft.
Eine Botschaft an die Buchwelt: Der Inhalt wird visuell trefflich umspielt, was dem Leser in Verbindung mit vielen feinen typografischen Details einen erlesenen Lektüregenuss verschafft. Eine Bemerkung für die Dogmatiker unter den Setzern: Schusterjungen werden akzeptiert und Trennungen am Kolumnenende in Kauf genommen. Das macht das Leben leichter.