Vincent Munier
Im eisigen Weiß
- Kategorie
- Kunstbücher - Fotobücher - Ausstellungskataloge
Begründung der Jury
Man sieht es ihnen kaum an, den Fotografien. Es sind Farbdrucke. Mal wirken sie wie Tuschezeichnungen, ein andermal wie Märchenillustrationen, dann wie von einem Exoplaneten zur Erde gefunkte Bilder. Himmel und Boden verschwimmen. Irritierende Größenverhältnisse.
Der Bildband ohne Text, ja ohne Seitenzahlen, gibt keinen Hinweis auf Ort und Zeit, nur: »Im eisigen Weiß«. Alles Weiß auf Weiß. Doch jedes Blättern ist eine Überraschung. Weiße Hasen, Bären, Füchse, Wölfe, Eulen bei minus vierzig Grad. Der Trägheit der Kälte und dem Zauber der Bilder kann kaum etwas entgegengesetzt werden; deshalb nimmt sich die Gestaltung des Buches zurück. Die glasklare Reproduktion (durch frequenzmoduliertes Raster) auf dem matten, elfenbeinfarbigen Papier überträgt die Suggestivkraft der Fotografien ins Buch, einem Pappband mit extrem dicken Buchdeckeln – wie herausgeschnitten aus dem Packeis.
Ist das nicht alles ein bisschen wahnsinnig, was der Fotograf da unternimmt? Das fragt er sich selbst auch im Begleitheft mit Auszügen aus seinem Expeditionstagebuch. Er ist kein Abenteurer.
Wir reden von Globalisierung und tun so, als ob wir den Planeten in die Hosentasche stecken könnten. Dieses Buch hat nichts mit dem Medieneisbär Knut zu tun. Im Gegenteil. Es konfrontiert uns mit den Verhältnissen der Dimensionen von Geist und Natur.
Die Erhabenheit, die hier den Betrachter ergreift, ist keine romantische Attitüde, sie ist Botschaft der nackten Existenz.