Kurt Pinthus
Menschheitsdämmerung
Anthologie
- Kategorie
- Allgemeine Literatur
Begründung der Jury
Bereits zur Zeit ihres Erscheinens vor einhundert Jahren war diese Anthologie expressionistischer Lyrik bedeutend. Die Sprachbilder der damals jungen Lyrikerinnen und Lyriker haben bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt – sie liegen nun in neuer Auflage vor. Wie kann die Buchgestaltung diese Gültigkeit ohne nostalgische Verklärung visualisieren?
Der Satzspiegel des umfangreichen Bandes wurde im Inneren unspektakulär eingerichtet, will heißen: Die Gestaltung nimmt sich in dienender Absicht zurück. Die besonders aufrechtstehende Antiquaschrift erzeugt eine leise, strenge, feierliche Atmosphäre. Deren skripturale Kursive kommt im dezenten, lebenden Kolumnentitel zur Anwendung. Allein das Nachwort kontrastiert durch den Satz in halbfetter Groteskschrift, die es als moderne Beigabe zur neuen Ausgabe markiert.
Die Verbindung zum Druck von 1920 zeigt sich nicht nur in der Wiedergabe der Autorenbildnisse von Künstlern wie Kokoschka, Schiele und Meidner. Die Einbandgestaltung bezieht sich in Satzart und Zeilenverteilung unmittelbar auf die damalige Schutzumschlagtypografie, nur wurde der ausführliche Titel heute direkt auf ein Buchleinen gedruckt.
Nun provoziert ein maximaler Materialkontrast: Um diesen Leinenband liegt ein Umschlag aus klarer Folie – mit breiten, transparenten Pinselstrichen in gebrochener Farbigkeit bedruckt. Damit gelingt es sogar, auf die illustrativen Merkmale der Taschenbuchausgabe von 1959 anzuspielen. So entsteht ein zeitgenössischer Einband, der etwas von der Editionsgeschichte dieses einflussreichen Buches durchblicken lässt.