Ina Kwon
Piles of Earth and Rubble
München / Gyeongju
- Kategorie
- Allgemeine Literatur
Begründung der Jury
„A. nickt stumm und hofft, auch eine Patronenhülse oder noch besser einen Stahlhelm zu finden.“ In München steht ein Berg. Er entstand nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Trümmerschutt der Stadt. Gyeongju ist die ehemalige Hauptstadt des alten koreanischen Königreiches. Dort haben sich mehrere haushohe Grabhügel erhalten.
Die formale Ähnlichkeit dieser künstlichen Landschaftsgebilde inspiriert die Autorin zu einer fotografischen Spurensuche. Sie tastet sich von beiden Seiten des Buches heran, deshalb gibt es kein Vorne und kein Hinten, nur Außen und Innen. Sie umkreist die eigenartigen Orte und erzählt von den Gesprächen mit ihren Begleitern. Die Geschichte steckt irgendwo in den poetischen Schwarzweißbildern; es sind die Texte, die die Street Photography illustrieren. Manchmal sind es Querformate, gestürzt auf die Seiten gestellt, ein zu rasches Durchblättern verhindernd. Von Gedankensprung zu Gedankensprung entwickelt sich eine imaginäre Reise, in der sich große Vergangenheit und reale Inszenierung vermischen: Die koreanischen Königsgräber sind heute in einem touristischen Welterbepark konserviert. Der Schutt Münchens wurde als Olympiaberg in eine Parklandschaft integriert.
Die Buchmitte – das Hügelinnere? – öffnet sich mit einem magischen Moment: Hügel und Teich, Bild und Spiegelbild, aufragend und im Boden versinkend. Was verbergen die Hügel? Hier die Trümmer eines zu groß gedachten Reiches, dort das Gold der Könige. Das Gemeinsame beider Orte: Sie künden vom Untergang.