Dimitri Hegemann, Paul Hockenos, Regina Baer
Tresor: True Stories
The Early Years
- Kategorie
- Kunstbücher - Fotobücher - Ausstellungskataloge
Begründung der Jury
Im Jahr 1991 eröffnete in Ost-Berlin ein Tanzclub – im Tresorraum eines Kaufhauses aus den Goldenen Zwanzigern. Dieser Keller diente nun dem Underground als Keimzelle der Techno-Musik.
Auf die erste Seite des Fotoalbums dreht sich zur Begrüßung ein halber Smiley zur Seite. Es folgt eine Flut von Fotos. Poster künden an: ein »halluzinantes Rahmenprogramm«. Die Motive schieben sich quer durch die Mitte der Doppelseiten und irgendwo zwischen anderen Blättern wieder heraus. Die Schnappschüsse der brodelnden Partys werden im 10er bis 20er Raster reproduziert – extrem untertourig im übertourigen Kontext. Die riesigen Rasterpunkte übertragen das Stakkato der Trommelmaschinen in die Fläche: drucktechnische Chiffre für die technische Musik. Die Punkte verschleifen die Konturen, sie egalisieren. Die Auflösung verdichtet sich zu buntem Rauschen, Lichter blitzen auf. Für einen Moment kommt die rasende Musik im Bild zum Stillstand. Bässe verlieren sich im Dunkeln. Wie ein Stern funkelt das Bauchnabelpiercing in der grellen Beleuchtung ohne Halbschatten.
Die Typografie dirigiert die Schriftzeilen mit negativem Durchschuss. Die Technik des Querlesens erreicht eine neue Dimension, denn die Buchstaben stehen so dicht beieinander, dass einem die mannigfaltigsten Geschichten – die Augen senkrecht durchs Getümmel der Typen fallend – entgegenströmen.
Wie eine gewachste Schutzhaut fühlt sich der schwarze Umschlag an. Dort ertasten die Finger ein Zeichen im Graffiti-Duktus. Für die einen ein ominöser Zinken, für die anderen ein intergalaktisch verständliches Signal: das Signet des Tresor.