Björn Bicker
Was glaubt ihr denn?
Urban Prayers
- Kategorie
- Allgemeine Literatur
Begründung der Jury
Der spontane Blick auf den matten Umschlag diagnostiziert eine krude Konfiguration von Text und Bild. Die kryptischen Ausschnitte der Schwarzweiß-Fotos, die springenden Textblöcke – alle Schrift in rot – sind symptomatisch; die kurzen fetten Linien scheinen in freiem Rhythmus verteilt.
Aber irgendwie muss das wohl so sein: Die Teile sind zwar kompakt ineinander geschoben, lassen aber sehr viel papierweißen Raum, sowohl zwischen den Zeilen als auch als kleine Plätze, wenn man so will. Die schmalfetten retroartigen Versalien wirken wie Schlagzeilen in einer Metropole, horizontale und vertikale Richtungen sind gleichwertig; die fetten Linien fungieren als Hiatus, als kurzes Atemholen vor der nächsten Aktion.
Wie eine unbeschriebene Partitur sind Vor- und Nachsatzpapiere fett liniert, mit einer unvorhersehbaren Versatz genau im Falz: So stehen die gebrochenen Linien nebeneinander, ineinander, übereinander …
Das innere typografische Gerüst wurde nach lesetypografischen Gesichtspunkten eingerichtet, der Grundtext mit reichlich Durchschuss gewebt; der Satzspiegel ignoriert indes die traditionelle Verteilung der Stegbreiten, kann oben und unten das Format bis zum Äußersten nutzen, indem die Seitenzahl der Doppelseite als Schmuckelement gepaart auf den rechten Außensteg gestürzt wird. Die Textkapitel wechseln mit Bildseiten, die Fotos schwarzweiß, dokumentarisch, ethnografisch, zu lockeren Szenen arrangiert.
Das Buchprojekt steht im Zusammenhang mit einem Theaterprojekt: Urban Prayers. Mit einem unaufdringlichen, einfachen gestalterischen Konzept zwischen Ordnung und Freiheit visualisiert es die Aspekte: Glauben, Nichtglauben, Interesse am Anderen, Egalsein in öffentlichen und abgeschlossenen Räumen.