Katharina Schwarz
Nichtsein
Über Suizide und mögliche Ursachen
Begründung der Jury
Man schluckt mehr als einmal
Was auf dem Umschlag wie eine scharfkantige Weiß-Prägung wirkt, sind aber tatsächlich ausgeschnittene Streifen. An den Stellen, wo er nicht perfekt auf dem Vorsatzpapier klebt, werfen die Kartonstege Schatten.
Innen stößt man bald auf eine lange Seitenfolge, deren Blätter in regelmäßigen Reihen nahezu flächendeckend durchlöchert wurden. Dies ist das erste von vielen Diagrammen in dieser Studie über Suizid. Die Diagramme sind textlich und grafisch extrem reduziert, scheinbar einfach. Die Stichwörter sind auf dem sehr festen, warm-hellgrauen Papier zweifarbig gedruckt, schwarz und weiß (das Weiß zweimal, um die nötige Deckung zu erreichen). Die statistischen Werte selbst werden mit einem Laserstrahl eingetragen. Die Grafen, Linienbalken und Polygone der Netzdiagramme fallen aus dem Papier und zeichnen sich als Leerstellen ab, als Luft, als Abwesenheit. Besagte Lochreihen stehen für die »Anzahl der Suizidfälle nach Altersgruppen 2015, Deutschland«.
Wenn grafische Mittel so eingesetzt werden, dann visualisieren auch nüchterne Statistiken starke Emotionen. Ein schönes Buch? Ein ergreifendes. Man schluckt mehr als einmal.