Michael Glawogger
69 Hotelzimmer
- Kategorie
- Allgemeine Literatur
Begründung der Jury
Der geheimnisvolle Titel – 69 Hotelzimmer – triggert die Phantasie an. Nicht bloß der Wortlaut, auch die von Kunstlicht gesättigte, diffuse Atmosphäre fortgeschrittener Dämmerung und das typografische Zitat von Leuchtreklame auf Kartonschuber und Buchrücken reizen die Hände, das kompakte Gebilde auszupacken. Die Helligkeit steigert sich über den Bezug mit seinem Helldunkel-Verlauf bis zum strahlenden Orange des gerippten Vorsatzpapiers. Wie das flackernde Licht einer Nachttischlampe mit Wackelkontakt wechselt dieses ganzseitige Orange mehrmals mit dem cremigen Papierweiß über die Seitenfolge Schmutztitel / Innentitel / Motto / Vorrede.
Sparsame und überraschende Mittel gestalten den bilderlosen Inhalt jeweils dort, wo er mit seinen kurzen Geschichten loslegt: Schrifttype und Position der Kapitelzahlen zeigen, dass sie als gravierte Schildchen gedacht werden. Die Buchseite wird zur Zimmertür. Oben schimmern die ersten Textzeilen orangefarbig und vertiefen sich über einen Farbverlauf ins Leseschwarz. Es ist mehr als pfiffig, es ist bewundernswert, wie abstrakt und konkret zugleich dieses typografische Bild wirkt. Nun wird auch klar, warum die Pagina entgegen der Gewohnheit im Bund steht: Sie ist zur Orientierung eigentlich nicht nötig, denn das Zeichenband markiert die Stelle, an der man das Licht ausknipst.