Charlie Kaufman
Ameisig
Roman
- Kategorie
- Allgemeine Literatur
Begründung der Jury
Immer spricht man vom Kapitalband im Singular, obwohl am Buch immer derer zwei sind. Dieses Mal werden sie endlich einzeln gewürdigt, nämlich das obige fuchsienrote und das untere azurblaue. Sie kontrastieren mit dem dreiseitigen Farbschnitt, der aufwendigerweise mehrfarbig ist. Oben strahlt er in einem hellen Blau, verläuft allmählich ins Dunklere, wird auf dem Vorderschnitt Dunkelblau, um die untere Buchblockecke herum mit einem Erdbeerrot besagtes blaues Kapitalband zu erreichen. Dort lockt ein blaues Lesebändchen, um den Inhalt endlich aufzuzuppeln.
In klassischem Satzspiegel erzeugt der gute Schriftgrad einer bewährten Antiquaschrift eine ideale Zeilenlänge, um Silbentrennungen bei nahezu gleichmäßigen Wortzwischenräumen auf ein Minimum zu reduzieren. Selbstverständlich gliedern Einzüge die Absätze. Das Papier der gewaltigen 864 Seiten ist mit etwa 60 g/qm leicht und dünn wie eine Membrane, durch die der Roman hindurch diffundiert. Die Geschichte zu einem Satz verkürzt: Ein Filmkritiker entdeckt den längsten Film der Welt, dieser wird zerstört, weshalb der Protagonist dessen Wiederherstellung plant, indem er ihn nachträumt.
Zurück zum Einband: Mit frei verkurvten Konturen versetzen Autorenname und Romantitel das Lesepublikum in eine Atmosphäre, die an die psychedelische Ikonografie der 1970er-Jahre erinnern lässt. Lichtreflexe blinken aus den verzogenen Großbuchstaben, da ein partieller Hochglanzlack das umgebende offenporige Papier mattweiß daliegen lässt. Bei dieser Plakativität erübrigt sich ein Schutzumschlag.