Angelo Tijssens
An Rändern
Roman
- Kategorie
- Allgemeine Literatur
Begründung der Jury
Elementares Merkmal eines Buches sind gestapelte Textzeilen auf weißen Papierrechtecken. Die Proportionen folgen meistens einem klassischen Quartformat. Die Lesekonventionen empfehlen Serifenschrift im Blocksatz und schwarzen Druck auf mattes Papier.
Ab hier verlieren typografische Gewohnheiten ihren Sinn. Ein hoher Fußsteg rückt die Kolumnen sehr weit nach oben. Beide sind asymmetrisch platziert – befinden sich im Gesamtbild somit an den Rändern. Was beinahe wie eine blinde Marginalspalte wirkt, resultiert aus dem Widerdruck: Die nächste Druckseite scheint versetzt durchs Papier. Die Geschichte handelt von Traumatisierungen queerer Menschen. Sie entwickelt sich mit Bedacht, denn Leerzeilen schieben sich wie Kunstpausen, wie zum Atemholen zwischen die Absätze.
Dieser Roman hat kein Inhaltsverzeichnis. Auch die Paginierung fehlt – besser gesagt: Es gibt keine. Wozu auch? Also weg damit. Stattdessen markiert das Zeichenband eine Lesepause unmittelbar. Für sparsamen Kontrast sorgt das Schwarz von extraschmalfetten römischen Groteskziffern, das mit dem Schwarz von Zeichen- und Kapitalband korrespondiert. Sie, die Groteskziffern, zählen die Kapitelanfänge an der Stelle von Initialen durch.
Die Titelei führt das Motiv des Schutzumschlags als ein Spiel mit schwarzen Flächen – dunkel / hell, Rahmung / Durchgang – weiter und verbindet das Buchinnere mit seinem Äußeren.
Eine Buchtypografie der Nachdenklichkeit.