Voltaire
Der Fanatismus oder Mohammed
- Kategorie
- Allgemeine Literatur
Begründung der Jury
Man zuckt innerlich zusammen bei der Stichwortkombination des Titels, die zwar geläufig und dennoch gleichermaßen brisant ist. Es ist schwer zu erkennen, wen der Blitz auf dem umschlaglosen Einband trifft. Die klassizistischen Figuren in theatralischer Gewandung und Pose sind nur am Rande zu erkennen; die Szene wird verdeckt von einem textgefüllten polygonalen Titelschild. In Erinnerung an das spätbarocke Mitteilungsbedürfnis auf Titelblättern purzelt man schon vor einer Berührung des Buches ins Geschehen: der Anreißertext skizziert die Polemik von Voltaire gegen die drei abrahamitischen Buchreligionen, als Tragödie 1741 uraufgeführt.
Innen bleibt der einfarbig schwarze Druck bildlos. Der dreifach verschachtelte Satzspiegel ist mit großen Einzügen rechts und links so ausgetüftelt, dass sich die verschiedenen Textsorten fast wie von selbst einrichten.
Der Ertrag des gestalterischen Aufwandes liegt darin, dass Voltaires Theaterstück bereits im Buch selbst zur Aufführung kommt, gleichsam als typografisches Rezitativ. Die performative Qualität eines Textes zu entfalten – was mehr vermögen Material und Form eines Buches?
Das Oktavformat von handlicher Blockstärke mit rotem Vorsatz und grünem Kopfschnitt stünde jedem aufgeklärtem Buchregal sehr gut. »Mis en bouteille au château«, wie es der Verlag Das Kulturelle Gedächtnis so geschmackvoll im Impressum sagt.