Giacomo Santiago Rogado

Begründung der Jury

Eine ungewöhnliche Titelei schleust den Betrachter in dieses Buch ein: Frontispiz statt Schmutztitel, Innentitel statt Frontispiz, Widmung statt Innentitel, doppelseitiges Impressum statt Inhaltsverzeichnis. Dann Pause mit Bild. Dann Doppelseite mit Inhaltsverzeichnis. Danach beginnen die Aufsätze, die ihre Zweisprachigkeit, wie das Bisherige auch, durch Schriftschnitt, Satzart und Platzierung auf oberer und unterer Seitenhälfte unterscheiden. Mit einem Werksverzeichnis, das üblicherweise am Buchende steht, schließen die Präliminarien ab. Auf deren letzten Seiten wechselt die Papierqualität, von recyclinggrau zu blütenweiß.

Nun endlich: tiefes Luftholen während der freien Doppelseite – ausdrücklich keine Vakatseiten, denn die Seitenzählung setzt nicht aus. Die nächste Blattwendung schickt den Betrachter in einen Kunstraum, unmittelbar vor die rückwärtigen Verstrebungen eines enorm großen Leinwandrahmens. Die anschließenden, allseitig angeschnittenen Buchseiten entwickeln sich zu einem Galerierundgang; immer wieder neue Perspektiven klären die räumlichen Verhältnisse der Installation.

Ein neuer Raum: Hier hängen die Malereien an der Wand. Für diese Sequenz ändert sich die Papierqualität ein weiteres Mal – von saugend matt zu gestrichen glänzend. So lässt sich besonders gut beobachten, wie die Lichtreflexe einer radialen Pinselführung konzentrische Wellen schlagen.

Panoramaseiten entfalten sich, Leinwandfluchten und maßstabsbefreite Strukturen: Konfrontieren sie uns mit Vergrößerungen bioaktiver Mikromilieus – oder mit Verkleinerungen galaktischer Farbereignisse?