Joachim Schwarz

Begründung der Jury

Die Kinderlandverschickung der 1940er-Jahre – darum geht es bei diesem persönlichen Projekt mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Daraus entstand eine einfache, klebegebundene Broschur im Kartonumschlag – den Inhalt einfarbig schwarz gedruckt, lediglich mit der Betonung des Umschlags durch eine zweite Sonderfarbe.

Ganz so einfach ist es bei aller Unscheinbarkeit nun doch nicht. Ein raues Papier dient als Grundlage, um eine aktenmäßige Stimmung aufzubauen. Es wurde demnach mit Bedacht gewählt. Dem entspricht die fette Schrifttype ohne Serifen im Flattersatz. Sie wirkt neutral und unumstößlich. Möglicherweise dachte der Gestalter auch an die betagten Anteile im Lesepublikum.

Die so transkribierten Erzählungen werden mit Quellen angereichert. Zitate aus Presse und Literatur werden typografisch durch kleinere Schrift, geringere Satzbreite, Blocksatz und Position auf Spaltenmitte kenntlich gemacht. Bildmaterial wie private Fotos oder alte Postkarten stehen auf einer grauen Fläche, unterschiedlich grobe Punktraster zitieren nicht nur eine journalistische Stilistik, sie nivellieren auch die unterschiedliche Qualität der Vorlagen. Fotos mit einem Reichtum an Details und Halbtönen werden sogar in frequenzmoduliertem Raster reproduziert.

Ein für Lehrbuchumschläge beliebtes Material mit Leinenprägung findet auch hier Verwendung. Die Überraschung des gedämpften Rosa als Umschlaghintergrund klärt sich, wenn man es als Metapher sieht für eine schlimme Zeit, in der sich Eltern durch die Kinderlandverschickung Hoffnung auf rosige Aussichten machten.