Tilman Rammstedt
Morgen mehr
- Kategorie
- Allgemeine Literatur
Begründung der Jury
Ein winziger VW-Käfer fährt einen Hügel aus konzentrischen Farbstreifen hinauf. Wer dabei die Gedanken an knallige Jugendzimmer-Tapeten der frühen Siebziger Jahre aufrollt, rutscht in die Erzählebene des Romans hinein: Der Protagonist in dem Roman »Morgen mehr«, wird, wie der Autor selbst, in die Siebziger Jahre hineingeboren. Der Ich-Erzähler wird über Zeitebenen reflektieren, und dem Leser werden sich die Pupillen drehen wie in den Augen von Mogli und der hypnotisierenden Schlange Kaa.
Unter dem Schutzumschlag überlagern sich die Op-und-Pop-Art-Farbkreise bis zur Flächendeckung des Einbands – eine optische Ankündigung der Fabulierkunst. Das warmgelbe Vorsatzpapier hält die aufgesprudelte Spannung und leitet zum Inhalt über.
Die Nummern der eher kurzen Kapitel sind als Text ausbuchstabiert und mit einem Kommentar untertitelt. Dies wirkt wie stummfilmhafte Überleitungen zwischen kurzweiligen Episoden. Die geringe Strichstärkendifferenz der Serifenschrift erzeugt eine Leichtigkeit der Graustruktur auf der Buchseite, wie sie meist von Groteskschriften erreicht wird. So lässt es sich für den Leser angenehm und anregend durch den Roman taumeln. Bevor das Buch hinter ihm zuklappt, wird er vom Nachsatzblatt aufgefangen, das als Wickelfalz zum Ausklappen ein »Schaltkapitel« trägt, und – durch diesen Epilog quasi neutralisiert – wieder in die Jetztwelt entlassen.