Julie Fogliano
Wenn Du einen Wal sehen willst
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- Kinderbücher - Jugendbücher
Begründung der Jury
Wenn das keine Einladung ist! Die handgezeichneten Titelzeilen in einer konturierten Egyptienne-Schrift fordern auf, mit ins Boot zu steigen und den kleinen Walbeobachter zu begleiten. Vielversprechend geht es los, denn bereits auf dem Schmutztitel, auf Seite Eins, taucht er schon einmal auf, der Wal: als Rebus. Und nun braucht es Zeit, viel Zeit.
In zarten Bildern rudert der Junge durch viele Gelegenheiten, Neues zu entdecken. Die betörenden Rosen lenken ihn von seiner Mission so angenehm ab (das Sirenen-Motiv in der Odyssee). Dann betrachtet er sich den starrenden Pelikan (Achtsamkeits-Motiv: das Beobachten der Beobachtung). Und Wolkenformationen aktivieren weitschweifende Phantasie (Vorstellungs-Krafttraining der Renaissance-Künstler).
Kindern wird oft Schlafmützigkeit unterstellt, wenn sie der Tagträumerei verfallen. Aber Tagträume sind nichts Schlimmes. Um sie zu erleben, braucht es Aufmerksamkeit und eine Wachheit, die überhaupt nichts zu tun hat mit Alarmbereitschaft, die ihrerseits zu stetiger Erreichbarkeit zwingt – diesem nervenraubenden Stand-by-Zustand, in den sich die Erwachsenen so entrinnungslos selbst herein legen.
Wenn Eltern mal von diesem Pegel runterkommen möchten: Schnappen Sie sich dieses Buch und nutzen Sie es als Schnellschuss-Prophylaxe. Kuscheln Sie sich an Ihr Kind und lassen sich in diese Geschichte, in diese Bilder sinken. Denn wertvoller Beifang steht in Aussicht: die unausgesprochene Antwort auf eine nicht gestellte Frage. Was ist und wie geht Meditation?