Anna Pearson, Catherine Pearson
zu Tisch.
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- Ratgeber - Sachbücher
Begründung der Jury
Der Einband stellt zwei Rätsel auf einmal: Warum die eigenwillige Rechtschreibung des Titels? Und was soll der signalrote Kreis, aus Papier mühevoll im Gewebe eingelassen? Die Lösung muss wohl im Buch zu finden sein, also aufgeklappt und durchgeblättert.
Aber so schnell geht das nicht, sofort verlangsamt sich das Suchtempo, denn die Bilder drücken auf die Bremse. Durch ruhige, wunderbar komponierte Fotografien hindurch betrachtet man das Gewusel auf einem Fischmarkt, das gestreifte Muster gestapelter Obstkisten, zurechtgelegte Schweinsfüße auf einem erfahrenen Holzbrett – das alles schön satt und tonwertreich auf das kräftige, matte Papier gedruckt – und vor allem Teller. Man guckt von oben auf weiße, goldgerandete, immer wieder neu angerichtete Teller, wie aufgeschnittene Planeten, die im Innern ihre Elemente, deren Farben, Formen, Zusammensetzung und Texturen preisgeben. Man verharrt in einem Zustand zwischen Anschauung und Einverleibung.
Eine Folge von sechs Seiten leitet jeweils ein monatliches Küchenereignis mit Motto, Reihenfolge der Menuzusammensetzung und einem persönlichen Essay der Köchin ein – und mit viel, sehr viel Papierweiß, das heißt mit Zeit. Die Texte sind typografisch zum literarischen Lesen eingerichtet, nicht zum schnöden Abarbeiten. In feiner Schriftmischung von Antiqua und Groteskschrift sind die Grauwerte mit ihren dazugehörigen fetten Schnitten abgestimmt. Im Satzspiegel ist Großzügigkeit vorgesehen, er lässt für die ganzseitigen Bilder Rahmungen von Papierweiß in zwei Größen zu.
Die Autorinnen, die beiden kochenden, schreibenden, fotografierenden und buchgestaltenden Schwestern, praktizieren die Idee von Slow Food: Die gemeinschaftsbildende Einheit von Kochen und Essen; aus besten regionalen Zutaten gesunde, geschmacklich-ästhetische Küchenresultate zu zaubern und sie genussvoll in kommunikativer Runde zu verspeisen. Das Buch protokolliert das kulinarische Projekt.
1 Jahr, 12 Themen, 12 Tafelrunden, 120 Gäste, 63 Gerichte, wie es auf der Einbandrückseite heißt. Es ist nicht bloß ein Kochbuch, es ist in jeder Hinsicht der Beleg für eine anspruchsvolle, private Salonkultur. Ob die Rätsel gelöst wurden?