Robert Steinmüller
Aphelion
Begründung der Jury
Mitten auf dem vorderen Deckel schwebt eine Ellipse mit leicht gehobener Achse. Ein Heiligenschein? Äußere Indizien sprechen dafür, dass es sich um Universelles, Geheimnisvolles, Unendliches handelt: schwarzes Bibliotheksleinen, auf dem Buchrücken eine Capitalis monumentalis (die antiken, in Stein gemeißelten Großbuchstaben), biblisches Gewicht.
Wir stechen irgendwo ins Buch, blättern die samtig schwarzen Seiten vor und zurück, springen an andere Stellen: nichts als weiße Fusseln. Die Fusseln sind Sterne. Nur unser Lieblingsstern ist – auf der allerersten Bilddoppelseite – halbwegs gut zu erkennen: die Sonne im Maßstab Eins zu Dreißigmilliarden.
Dort beginnt in der Fußzeile ein fortlaufendes Zitat, das uns als Off-Stimme das ganze Buch hindurch begleitet. Wir streifen durch das Firmament; und tatsächlich sind sie da, die acht Planeten unseres Sonnensystems! Wenn das Lesebändchen beispielsweise die Erde markiert, staunen wir über die Ungeheuerlichkeit des Panoramas, denn von den mehr als 1200 Buchseiten liegen noch etwa 85 Prozent vor uns.
Inspiriert wurde der Autor des Künstlerbuches von dem Astrophysiker Carl Sagan. Als sich 1990 die Raumsonde Voyager 1 bereits im interstellaren Raum befand, veranlasste er die NASA zu einem aufwendigen Manöver, nämlich die Sonde umzudrehen, nur um aus dieser Perspektive quasi ein Familienporträt unserer Planeten aufzunehmen. Es ging unter dem Titel „The Pale Blue Dot“ in die Bildgeschichte ein.
Ein Buch von epischer Tiefe – es macht unendliche Weiten mit Händen greifbar.