Anna Wank

Begründung der Jury

Die Studie über Zensur von Nacktheit in der Kunst präsentiert 45 Fälle in Bild und Text – vom Steinzeitmenschen über Michelangelo bis Tanja Ostojić. Instagram und Facebook hatten Abbildungen der Venus von Willendorf automatisch gelöscht. Das Wiener Stadtmarketing entwickelte daraufhin eine subversive Kampagne im Internet, die internationale Beachtung fand.

Die Ausstattung des Buches ist technisch einfach, das gestalterische Konzept aber umso raffinierter. Einzelblätter im Querformat werden am rechten Rand mit Drahtklammern zusammengehalten, der rote Kartonumschlag mitgeheftet. Der links offene Papierstoß wird nach rechts umgelegt, fächert am rechten Rand sanft auf und bildet im Rückenbereich eine stattliche Rundung. Dieser Rundung schmiegt sich der Umschlag dank seiner siebenfachen Rillung an.

Auf diese Weise entstehen beim Blättern verdeckte Doppelseiten. Links ist ein unvollständiges Bild zu erkennen, es wird aber vom Papierstoß rechts verdeckt. Dort wiederum stehen die Aufsätze, die ihrerseits fragmentiert erscheinen: Im Formsatz sparen sie weiße Flächen aus – es sind die Leerstellen der verdeckten, freilich nackten Körperpartien, die erst sichtbar werden, wenn man das ganze Papierpaket im nicht gebundenen Bund anhebt. Die außergewöhnliche Bucharchitektur erzwingt gewissermaßen diese voyeuristische Handlung. Die Gestalterin hat eine aus dem Thema heraus kongeniale Form entwickelt; selbst die Paginierung ist technisch und gestalterisch logisch. Und auf der Umschlagseite 3, wo es eigentlich nichts zu sagen gäbe, ist der Aufruf versteckt: send nudes!