Marina Kampka
weather forecast
another grey start
Begründung der Jury
Lange Zeit war die Poesie der meteorologischen Redakteure Groß-Britanniens verkannt. In diesem Buch entfaltet sie sich, indem es die Wettervorhersagen von Verlässlichkeitserwartungen befreit.
Die rechten Seiten sind nur mit der Seitenzahl bedruckt. Dennoch ist Text lesbar. Kurze Verse in großer Schrift scheinen durch das Papier hindurch. Sie sind – seitenverkehrt – auf die Rückseite jedes Blattes gedruckt: Zitate aus Wetternachrichten in der Londoner Presse.
Obwohl das typografische Prinzip so simpel ist, verleiht es der Lektüre eine geradezu philosophische Tiefe.
Wir lesen etwas, was gar nicht dasteht, jedenfalls nicht dort, wo wir es lesen. Wir lesen sozusagen in die Zukunft hinein, und zwar in die unmittelbar bevorstehende, nämlich die, die sich für uns nach der folgenden Blattwendung ereignen wird. Aber: Die Aussage gilt noch nicht.
Danach sehen wir es Schwarz auf Weiß, auf der linken Seite, also derjenigen von beiden einer Doppelseite, die der Vergangenheit zugewandt ist. Genau erst dann, wenn demnach die Sache aus dem Spekulativen ins Faktische übergegangen ist, können wir nur noch deren seitenverdrehte Reste zur Kenntnis nehmen. Aber: Die Aussage gilt schon nicht mehr.
Dank dieses Druckkunststücks werden wir gewahr, dass die Gegenwart irgendwie in diesem Stück Papier drinnensteckt und etwas völlig anderes ist als lediglich eine Schleuse zwischen Zukunft und Vergangenheit.