Tobias Klett & Lea Kolling
Weltall Erde Mensch #23
Begründung der Jury
Eine geheimnisvolle Bilddoppelseite: links die Verzweigungen einer Rispenpflanze, deren weiße, kugelige Blüten wie Lichtfunken über den tiefschwarzen Hintergrund sprühen – rechts eine vulkanische Eruption mit schwarzen Massen und Dampfwolken. Beide Bilder verschmelzen zu einem einzigen fantastischen Gebilde, indem die Augenbewegung, die den floralen Trieben folgt, in einen dramatischen Schlackenauswurf übergeht. Eine andere Doppelseite kombiniert die ausgearbeitete Porträtaufnahme einer jungen Dame mit dem lockigen Kopfausschnitt einer antiken Skulptur. Das Mädchen ist elegant frisiert und gekleidet; in den Händen hält sie einen Blumenstrauß und ein Buch.
In sechs Heftlagen blättert man durch weitere überraschende Bildpaare. Es sind zum einen Erinnerungsfotos an die Jugendweihe in der Deutschen Demokratischen Republik und zum anderen stark vergrößerte Ausschnitte aus einem mehrere Hundert Seiten starken Buch über Mensch und Kosmos, das alle Jugendlichen zu diesem Fest ihres Erwachsenwerdens vom Staat überreicht bekamen.
Die bereits gerasterten Reproduktionen wurden im frequenzmodulierten Raster wiedergegeben, um Moirébildung zu vermeiden, und um den maximalen Tonwertreichtum des Originals zu erhalten. Die Erläuterungen auf den letzten Seiten ist eine redaktionell und typografisch bemerkenswerte Inszenierung, nämlich als lexikalisches Glossar. Unter exemplarischen Stichworten, die gewählt wurden, um dem Betrachter jenseits – oder trotz – ideologischer Barrieren eigene Fragen und Deutungen abzuringen, finden sich »Vorwort«, »Impressum« und die Editionsgeschichte des sozialistischen Werkes »Weltall Erde Mensch«.