Julia Haenni
Wölfinnen
Ein Stück für Frauen. Und Männer. Und alle.
Begründung der Jury
Ein Kammerspiel über passives und aktives Verhalten zwischen Frau und Mann, die Fragwürdigkeit von Rollenverteilungen und darüber, was passiert, wenn sich das Althergebrachte umdreht: Das Theaterstück ist mit großem Spielraum für die Regie verfasst, indem es die Besetzung offen lässt.
Das eröffnet der Buchgestalterin die Möglichkeit, die vielstimmig gesprochenen Äußerungen nun als echten Dialog in zwei Stimmen zu inszenieren. Sie denkt sich in die Eigenschaften eines Buches hinein und entdeckt den dualen Bund. Es ist eine dramaturgische Idee, dem bipolaren Thema zwei Richtungen zu geben – und eine gestalterische Leistung, dies auf eine materielle, handgreifliche Ebene zu übersetzen: dem abwechselnden Blättern nach links und nach rechts.
Das macht zwei Bünde erforderlich, die aber weder fadengeheftet, noch geklebt sein dürfen – wenn man bedenkt, dass sich die Papierstärke durch Ineinanderschichten von links und rechts in der Mitte des Buchblocks verdoppelt, während außen ja nur die Blätter der jeweiligen Stimme verbunden sein dürfen. Demnach ist die Ringbindung der gelochten Blätter nicht nur Schmuck, sondern handwerkliche, materialgerechte Konsequenz. Aber wie erklärt sich die Stabilität des Ganzen, wenn beide Seiten nicht fixiert, sondern nur im Zaum gehalten werden? Allein durch die Magie der physikalischen Haftreibung des Papiers. Ist das nicht eine schöne Metapher?